Die 5. Geldwäscherichtlinie (5AMLD) der Europäischen Union trat am 10. Januar 2020 in allen Mitgliedstaaten in Kraft und enthält mehrere Änderungen und Erweiterungen für die EU-Geldwäschegesetzgebung der Mitgliedsländer. So wurden in ihrem Rahmen etwa eine rechtliche Definition für Kryptowährungen sowie Meldeschwellen für Prepaid-Kreditkarten eingeführt.
Zu einer der wichtigsten neuen Anforderungen gehört aber der erweiterte Geltungsbereich für Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung (AML/CFT) – dieser ist nun auch auf Kunsthändler anwendbar. Zu definieren sind diese laut 5AMLD als „Personen, die mit Kunstwerken handeln oder beim Handel mit Kunstwerken als Vermittler tätig werden, auch Kunstgalerien und Auktionshäuser“. Vorangegangen waren der Erweiterung Erkenntnisse aus früheren Geldwäscherichtlinien. Diese deuteten auf eine zunehmende Nutzung des Kunsthandels zur Geldwäsche hin, denn Geschäfte mit hochwertigen Gütern verschaffen Kriminellen nahezu garantierte Anonymität.
Neue AML-Verantwortlichkeiten
Nach Maßgabe der neuen Vorschriften müssen Kunsthändler ab einem Transaktionswert von 10.000 Euro dieselben Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ergreifen, die bereits für Banken, Immobilienmakler, Notare und andere Finanzinstitute gelten. In der Praxis sind Kunsthändler nun zu folgenden Schritten verpflichtet:
- Umsetzung eines risikobasierten AML/CFT-Programms
- Durchführung von Kundenprüfungen im Rahmen ihrer Sorgfaltspflicht (Customer Due Diligence, CDD)
- Überwachung von Kundentransaktionen auf verdächtige Aktivitäten
- Abgleich von Sanktionslisten
- Kundenprüfungen auf politisch exponierten Person (PEP)
- Monitoring auf negative Berichterstattung zu Kunden (Adverse Media)
- Meldung verdächtiger Aktivitäten an Behörden
Geldwäschemethoden
Für Geldwäscher ist der Kunstmarkt deshalb ein so interessantes Ziel, weil Kunstwerke häufig über einen hohen Stellenwert verfügen und daher mit hohen Transaktionssummen versehen sind. So besteht speziell in diesem Marktsegment auch umso mehr die Möglichkeit, schon mit einem Werk illegale Gelder in großem Umfang in das legale Finanzsystem zu schleusen und sie so zu waschen. Dabei ist Geldwäsche im Kunsthandel speziell auch in den folgenden Zusammenhängen umsetzbar:
- Kunstobjekte können in Freihäfen wie Genf, Singapur, Monaco und im US-Bundesstaat Delaware gelagert werden, um von Steuervorteilen, einem hohen Maß an Anonymität und Diskretion zu profitieren.
- Ein Verkauf an Offshore-Länder weltweit ist möglich.
- Kunstobjekte können mit Bargeld bezahlt werden.
- Einmal erworbene Kunst kann auch langfristig in ihrem Lagerhafen verbleiben.
- Eine Offenlegung des wirtschaftlichen Eigentums ist bei Kunstkäufen häufig nicht erforderlich.
- Der Verkaufswert von Kunstwerken wird auch stark von subjektiven Parametern beeinflusst, und so kommt es hier auch leicht zu Über- oder Unterbewertungen.
Fallstudie: Die Familie Nahmad
Mit den Panama Papers wurde 2016 eine ganze Reihe von Geldwäscheaktivitäten mit globalen Verflechtungen aufgedeckt. Hierzu gehörten auch zahlreiche Straftaten, die im Zusammenhang mit Kunsthandel begangen wurden.
Der Tatbestand der Geldwäsche war dabei zwar nicht anzutreffen, doch einer der Fälle verdeutlicht eindrucksvoll, wie effizient Kriminelle in der Anonymität des Kunsthandels ihre Identität verschleiern können. Konkret geht es dabei um die Familie Nahmad, bekannte Kunsthändler. Mit Hilfe der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca hatte die Familie in Panama ein Unternehmen namens International Art Centre (IAC) gegründet. Im Jahr 1996 schließlich erwarb das IAC für 3,2 Millionen US-Dollar bei einer von Christie’s in London organisierten Auktion das Gemälde „Sitzender Mann mit Stock“ des italienischen Künstlers Amadeo Modigliani. 2011 kam es zu Ansprüchen rund um das Gemälde im Rahmen eines Restitutionsverfahrens im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus. Dabei gelang es der Familie jedoch, ihr wirtschaftliches Eigentum an der IAC zu verheimlichen und so effektiv auch den Besitz des Kunstwerks. Einige Jahre später ging aus den Panama Papers jedoch hervor, dass sich sowohl das IAC als auch das besagte Gemälde seit 20 Jahren im wirtschaftlichen Besitz der Familie befunden hatten.
Laufende AML-Compliance
Am Fall der Familie Nahmad zeigt sich klar, wie wichtig im Kontext von Kunsthandel eine exakte Feststellung der Kundenidentität und des wirtschaftlichen Eigentums beteiligter Unternehmen ist. Diesem Umstand folgend gewährleisten die neuen Vorschriften im Zuge der 5AMLD, dass in diesem Bereich tätige Unternehmen wirksame Systeme zur Feststellung der Kundenidentität nach KYC-Standards (Know Your Customer) konzipieren und implementieren. Mit diesen werden alle notwendigen Informationen ihrer Klienten nahtlos erfasst, dies einerseits zur Verifizierung und andererseits, um sie später ggf. bei strafrechtlichen Ermittlungen unterstützend vorlegen zu können.
Über die Identifizierung und Verifizierung von Kunden hinaus sind Kunsthändler zudem verpflichtet, fortlaufend AML-Kontrollen und Überwachungen durchzuführen. Die geforderte Kontinuität hat gute Gründe: Im Verlauf einer Geschäftsbeziehung werden einzelne Kunden womöglich sanktioniert, zu politisch exponierten Personen (PEP) oder Gegenstand negativer Medienberichte: Diese und viele andere Eventualitäten gehen dabei auch immer mit einer Änderung des Risikoprofils eines Kunden einher. Aufseiten der Unternehmen, die mit diesem Kunden eine Geschäftsbeziehung unterhalten erfordert diese entsprechend unterschiedliche AML-Schritte.
Angesichts der enormen Datenmengen, die für moderne AML-Prozesse benötigt werden, sind auch für Kunsthändler die Möglichkeiten innovativer Technologien wie künstlicher Intelligenz und maschineller Lernmodelle zur Erfüllung ihrer Compliance-Auflagen elementar. Diese automatisieren und beschleunigen Datenerfassung und Analyseprozesse signifikant. So sind Unternehmen nicht nur in der Lage, Geldwäschevorfälle rechtzeitig zu erkennen und zu bekämpfen. Sie können nun auch effiziente, vielseitige Compliance-Programme implementieren, um auf neue kriminelle Muster punktgenau zu reagieren und die Vorgaben neuer Gesetze wie etwa der angekündigten, nunmehr 6. Geldwäscherichtlinie (6AMLD) der EU umzusetzen.
Weitere Informationen in unserem 6AMLD-Bericht
Erfahren Sie, welche Bedeutung die 6AMLD und ihre Änderungen für Ihr Unternehmen haben.
Ursprünglich veröffentlicht 19 Oktober 2020, aktualisiert am 31 August 2022
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