AMLD-Richtlinien 4, 5 und 6: Fortschritte und Hindernisse auf Regierungs- und wirtschaftlicher Ebene
Vorschriften ArtikelIn den vergangenen Jahren kam es in der Europäischen Union vermehrt zu legislativen Änderungen rund um das Thema Geldwäschebekämpfung (AML). Zurückzuführen ist dies vor allem auf eine Reihe von Einflüssen, die auf das regulatorische Umfeld eingewirkt haben. Hierzu gehören vor allem Innovationen im Finanzsektor, eine allgemeinhin als immer wichtiger verstandene Transparenz auf Unternehmensebene und die Notwendigkeit der Angleichung an internationale Standards.
Bei den aktuellsten legislativen Neuerungen in Form der Geldwäscherichtlinien 4, 5 und 6 (4AMLD, 5AMLD und 6AMLD) finden sich vor allem drei Kernthemen konsistent wieder. Diese sollen im Folgenden mitsamt einer Zusammenfassung der Regeln zur Analyse kommen.
Die Kernthemen der AML-Richtlinien
Wirtschaftliches Eigentum
Im Jahr 2016 wurde durch die Panama Papers eine Vielzahl an Fällen von Korruption und unethischen Praktiken in Unternehmen weltweit aufgedeckt. Diese Ergebnisse waren für die EU wichtiger Anlass, strengere Vorschriften für die Transparenz von wirtschaftlichem Eigentum von Unternehmen einzuführen. Die jüngsten Richtlinien adressieren den Themenbereich rund um wirtschaftliches Eigentums über mehrere Ansatzpunkte.
Im Zuge der Richtlinien wurden ferner schrittweise Regeln für die Einführung nationaler Register zur Dokumentation wirtschaftlichen Eigentums instituiert. In diesen sogenannten UBO-Registern (Ultimate Beneficial Ownership) haben die Mitgliedstaaten alle wirtschaftlichen Eigentümer mit einer Beteiligung an einem Unternehmen von mehr als 25 % zu führen, einschließlich aller Mitarbeiter der Geschäftsleitung. Eingeführt wurden diese Maßnahmen mit dem Ziel, mehr Transparenz im Hinblick auf komplexe Unternehmens- und Rechtsstrukturen zu schaffen, die in der Vergangenheit zur Verschleierung der Illegitimität von Geldern genutzt wurden.
Erstmals zur Einrichtung von zentralen UBO-Registern verpflichtet wurden die Mitgliedstaaten mit der 4AMLD, dies bis zum Jahr 2017. Weiter hatten sie zentralen Meldestellen (FIUs) Zugang zu diesen zu geben, ebenso Mitgliedern der Öffentlichkeit mit „berechtigtem Interesse“.
Mit der 5AMLD wurden diese Vorschriften dahingehend erweitert, dass UBO-Register öffentlich zugänglich gemacht werden. Überdies wurde die Notwendigkeit transparenter Register auch auf andere potenziell undurchsichtige Rechtskonstrukte ausgedehnt, so etwa auch auf Treuhandgesellschaften.
Virtuelle Vermögenswerte
Kryptowährungen und andere virtuelle Vermögenswerte haben in den vergangenen Jahren rasant an Popularität gewonnen. Dies hat auch in diesem Kontext verständlicherweise Regulierungsbehörden auf den Plan gerufen: Es mehrten sich Bedenken, dass diese Innovationen dank der Anonymität bei Transaktionen auf Basis von Blockchain-Technologien zunehmend von Kriminellen genutzt werden könnten.
Als erste EU-Richtlinie bot die 5AMLD eine Definition für Kryptowährungen und verwies mit ihr auf eine Reihe von Regelungen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (CFT) anwendbar speziell auf bestimmte Kategorien von Anbietern virtueller Vermögenswerte.
Erstmals wurden dadurch auch Anbieter von Krypto-Wallets und -Börsen als sogenannte „verpflichtete Unternehmen“ erfasst. Dies hatte zur Folge, dass diese Unternehmen nun Kontrollen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bei ihren Kunden durchzuführen hatten. Enthalten sind hierbei auch entsprechende Sorgfaltspflichten im Zuge von Onboarding-Prozessen, der laufenden Überwachung und der Übermittlung von Berichten über verdächtige Transaktionen. Als weitere Auflage mussten Zusammenarbeit und Informationsaustausch mit zentralen Meldestellen verbessert werden.
Schärfere Sanktionen
Mit der geplanten Umsetzung der 6AMLD in nationalem Recht im Dezember 2020 hat die EU die Haftbarkeit für Geldwäscheaktivitäten sowohl in der Breite als auch in der Tiefe verstärkt. So wurden mit der Richtlinie beispielsweise der Straftatbestand der Beihilfe zur Geldwäsche eingeführt und die Haftung für entsprechende Delikte von natürlichen auf juristische Personen erweitert.
Weiter wurde im Zuge der 6AMLD eine Liste von 22 neuen sogenannten Vortaten für Geldwäsche definiert, um die zugehörigen Regularien in allen Mitgliedstaaten konsistenter zu gestalten. In Cyberkriminalität und Umweltkriminalität finden sich mit zwei von ihnen zudem Straftaten, die legislativ für die meisten Mitgliedstaaten ein verhältnismäßiges Novum sind.
Herausforderungen und Hindernisse bei der Umsetzung der AMLDs
Umfang und Komplexität der Vorschriften
Die Einhaltung der Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche ist eine sowohl zeit- als auch kostenintensive Aufgabe. Angesichts äußerst nuancierter Unterschiede in den verschiedenen nationalen Gesetzeslagen kann sich eine konsequente Einhaltung über Landesgrenzen hinweg als besonders komplex erweisen.
Einer der wichtigsten Aspekte ist hier zudem die Frequenz, mit der neue Vorschriften eingeführt wurden. Insbesondere in den letzten Jahren wurden 4AMLD, 5AMLD und 6AMLD doch in unmittelbarer Folge veröffentlicht. Den betroffenen Unternehmen blieb hier also nur sehr wenig Zeit zur Umsetzung.
Herausforderungen bei Kryptowährungen
Gerade auch für Kryptowährungen und andere virtuelle Vermögenswerte waren die regulatorischen Änderungen höchst disruptiv. Seitens mehrerer Unternehmen wurden rasch Befürchtungen rund um negative Konsequenzen für die gesamte Branche laut. Schon vor der Einführung der 5AMLD kam es zur Abwanderung verschiedener Krypto-Unternehmen aus der EU. Ihren Sitz verlegten einige Börsen dabei in Gerichtsbarkeiten, die sie gegenüber Innovationen als wohlgesonnen erachteten, speziell im Asien-Pazifik-Raum.
Viele Branchenvertreter waren besorgt über die Aufhebung der Anonymität, die mit der Einführung der Sorgfaltspflicht für Kunden einhergeht. Nicht wenige Krypto-Enthusiasten begeistern sich gerade auch deshalb für die virtuellen Währungen, da sie gut zu ihrem libertären Wertesystem passen, das einer Beaufsichtigung durch und Eingriffen von Regierungen in Finanzsysteme ablehnend gegenüber steht. Durch eine Regulierung von Kryptowährungen, so ihre Befürchtung, werden diese ihrer einzigartigen Vorteile gegenüber Fiat-Währungen beraubt.
Kleinere Anbieter von Services im Zusammenhang mit Kryptowährungen zeigten sich überdies besorgt über den administrativen und finanziellen Aufwand, den die 5AMLD mit sich bringen würde.
Speziell größere, etabliertere Börsen und Wallet-Anbieter verstehen diese Veränderungen hingegen als notwendigen Aspekt einer breiteren gesellschaftlichen Akzeptanz von Kryptowährungen. Zeeshan Feroz, CEO von Coinbase UK, äußerte sich hierzu etwa wie folgt:
Die 5AMLD ist ein positiver Schritt, auch im Kontext von Kryptowährungen. Sie sorgt für Klarheit und definiert einen allgemeingültigen Standard für AML-Kontrollen in der Branche. Wir erwarten hierdurch sogar weitere Innovationspotenziale im Kryptobereich.
Unternehmen wie Coinbase sehen die Richtlinien also durchweg als Schritt in die richtige Richtung. Sie stärken ihre Legitimität und damit auch ihre Glaubwürdigkeit in der Zusammenarbeit mit Großbanken und anderen Finanzinstituten. Eine Entwicklung, die sich bereits jetzt hervorragend in der zunehmenden Akzeptanz und dem gesteigerten Interesse seitens institutioneller Anleger und durch Mitglieder der Öffentlichkeit zeigt.
Einfachere Umsetzung mit Regtech
Mit ihrer relativ hohen Aktualisierungsfrequenz stellen AML/CFT-Vorschriften Unternehmen vor einige Herausforderungen. Besonders betroffen sind hier Unternehmen, für die Wachstum und eine starke Kundenerfahrung wichtige Prämissen sind. Als hilfreich können sich dabei Technologien erweisen, die entsprechende Abläufe vereinfachen und Aufgaben im Kontext von AML/CFT – beispielsweise Onboarding-Prozesse, die fortlaufende Überwachung von Compliance-Aspekten und zugehöriges Reporting – effizienter und effektiver gestalten.
Die Umsetzung komplexer Vorschriften hat regulierten Unternehmen in den vergangenen Jahren erheblichen Ressourcenballast auferlegt. Regtech adressiert dieses Problemfeld durch Automatisierung diverser Prozessabschnitte in den Bereichen Onboarding, Screening und Monitoring. Dank konstant aktualisierten Datenbanken und durch Überwachung von Transaktionen in Echtzeit wird es so möglich, Fokus und Ressourcen gezielter einer Optimierung anderer strategischer Themen und Kundenergebnissen zukommen zu lassen.
Umsetzung durch die Mitgliedstaaten und EU-Maßnahmen
Die EU hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Verpflichtungen zur Bekämpfung von Geldwäsche in allen Mitgliedstaaten konsistenter zu machen. Kam es zu einer verspäteten Umsetzung von Auflagen, hat sich die Kommission in der Vergangenheit zudem proaktiv gezeigt. So wurden beispielsweise im Juli letzten Jahres für eine Verzögerung bei der Implementierung der 4AMLD sowohl gegen Rumänien als auch gegen Irland Geldbußen verhängt. In beiden Fällen fielen diese mit drei bzw. zwei Millionen Euro auch nicht unbedingt niedrig aus.
Im Februar 2020 rügte die EU mehrere Mitgliedstaaten formell dafür, die Richtlinie noch nicht vollständig umgesetzt zu haben. Nach Angaben der EU liegt der Umsetzungsstand der 5AMLD derzeit bei 70 %. Die Kommission gab in diesem Zusammenhang bekannt, Maßnahmen gegen 22 EU-Mitgliedsstaaten zu ergreifen, weil sie im Hinblick auf ihren Umsetzungsfortschritt auf nationaler Ebene entweder spät kommuniziert hatten bzw. diese Information ganz schuldig geblieben waren oder die Umsetzung unvollständig gewesen war.
Stand November 2020 haben 19 Mitgliedstaaten die vollständige Umsetzung der Richtlinie gemeldet. Mit Belgien, Irland, den Niederlanden, Polen, Spanien, Tschechien und Ungarn haben 7 Länder über „teilweise Umsetzungsmaßnahmen“ informiert. Zypern verbleibt somit als einziger Mitgliedstaat, der noch keine Verlautbarungen zu seinem diesbezüglichen Fortschritt gemacht hat.
Für die 6AMLD wird die Europäische Kommission einen Bericht über den Status der Umsetzung der Richtlinie auf EU-Ebene verfassen. Die Frist für die Mitgliedstaaten ist dabei mit Dezember 2020 terminiert, für den Bericht der Kommission ist das Jahr 2022 avisiert.
Die Europäische Kommission veröffentlicht keine genauen Angaben zu den Versäumnissen oder Verstößen einzelner Mitgliedstaaten. Aus Medienberichten lässt sich jedoch ein gewisser akuter Einblick zu spezifischen Problemen gewinnen. So hat es bei der 4AMLD in vielen Fällen offenbar nicht wenige sehr länderspezifische Herausforderungen gegeben. Im Juli 2020 sah sich Österreich mit Maßnahmen konfrontiert, weil es Glücksspielkontrollen nach wie vor nicht ordnungsgemäß implementiert hatte, ebenso wie Belgien wegen Versäumnissen rund um legislative Maßgaben zum internationalen Informationsaustausch.
Sowohl bei der 4AMLD als auch bei der 5AMLD zeichnen sich die gewichtigsten Probleme soweit aber bei der Entwicklung nationaler Register für wirtschaftliches Eigentum ab, denn hier waren für viele EU-Mitgliedstaaten erhebliche Investitionen vonnöten. Problematisch war hier speziell auch, dass diese Register laut 5AMLD öffentlich zugänglich sein müssen. Obgleich die Verordnung dem Privatsektor prinzipiell dabei helfen soll, seine Due-Diligence- und KYC-Pflichten besser zu erfüllen, hat sie sich bisher als noch eher wenig nützlich erwiesen. In absehbarer Zukunft werden Unternehmen in der EU daher weiterhin auf Regtech angewiesen sein, um ihren Verpflichtungen wirksam nachzukommen.
Ursprünglich veröffentlicht 29 März 2022, aktualisiert am 24 August 2022
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