6AMLD: 4 wichtige Änderungen im Hinblick auf rechtliche Innovation, Haftung, Sanktionen und Zusammenarbeit
Vorschriften ArtikelIm Zuge der 6. Geldwäscherichtlinie der Europäischen Union (6AMLD) galt es für die Mitgliedstaaten, bis 3. Juni 2021 vier wichtige Änderungen in ihre lokale Gesetzgebung aufzunehmen. In die Themenbereiche Haftung, Sanktionen, Zusammenarbeit und Gerichtsbarkeit gegliedert, haben sie Auswirkungen auf Unternehmen im Hinblick auf die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (AML/CFT). Mit diesen Aufgaben betraute Compliance-Teams müssen daher die Effekte der Änderungen für sich selbst, ihre Mitarbeiter und die Geschäftsführung im Detail kennen.
Rechtliche Innovation
Durch die 6. Geldwäscherichtlinie kam es zu mehreren rechtlichen Neuerungen, mit denen die Einleitung von Strafverfahren vereinfacht wird. Zum einen wurde eine Maßgabe von 22 spezifischen Vortaten eingeführt. Bei diesen handelt es sich um zugrunde liegende kriminelle Handlungen, aus denen das zu waschende Geld stammt und die von allen EU-Mitgliedern strafrechtlich verfolgt werden müssen. Hierzu gehören Straftaten, die traditionell mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Verbindung gebracht werden, wie Drogen-, Menschen- oder Waffenhandel und Korruption, aber auch andere Straftaten wie sexuelle Ausbeutung (auch im digitalen Raum), Umweltkriminalität, Steuerstraftaten und Cyberkriminalität. Weiter wurde ein neuer Straftatbestand der Geldwäsche geschaffen, der speziell auf „professionelle Ermöglicher“ abzielt, die als Torwächter für Finanzdienstleistungen fungieren und Dienstleistungen anbieten, die Kriminellen helfen, illegitim erworbene Gelder zu verstecken und zu waschen. Hierbei werden von der EU nun alle Geldwäschedelikte als Umwandlung oder Übertragung, Verheimlichung oder Verschleierung, als Erwerb, Besitz oder Nutzung von kriminellen Vermögenswerten eingestuft. Zudem wurde der neue Straftatbestand „Beihilfe, Anstiftung und Versuch“ erarbeitet. Die 6AMLD definierte ferner auch das Konzept der „Selbstgeldwäsche“. Dieser Tatbestand tritt ein, wenn Kriminelle Eigentum oder Erträge aus eigenen kriminellen Aktivitäten waschen. Er war zuvor noch nicht auf regulatorischer Ebene erfasst.
Unternehmen müssen in der Folge also ihre Risikoevaluierungen zur Geldwäsche insgesamt überprüfen und aktualisieren und zudem sicherstellen, dass sie über die richtigen Screening-Instrumente verfügen, um Anzeichen von Kriminalität im Zusammenhang mit den 22 Vortaten zu erkennen. Beim Onboarding von Verpflichteten wie Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Unternehmensdienstleistern oder anderen Totwächtern, insbesondere bei der Bereitstellung von Sammelkonten, sollten die Firmen verifizieren, dass ihre Kunden ordnungsgemäß registriert sind, keine Vorstrafen gegen sie vorliegen und sie über einen guten Ruf verfügen. Auch sollten adäquate AML/CFT-Kontrollen eingerichtet sein, um nachgelagerte Risiken zu vermeiden.
Haftung
Im Rahmen der 6AMLD wurde die strafrechtliche Haftbarkeit auf juristische Personen ausgeweitet, dies durch Einführung eines unternehmerischen Versagens bei der Verhinderung von Straftaten durch fahrlässiges und unverantwortliches Verhalten. Hierunter fallen Gesellschaften mit beschränkter Haftung, börsennotierte Unternehmen, Personengesellschaften und jede andere in einem Unternehmensregister eingetragene juristische Person. Hat eine Person die Entscheidungsbefugnis, Kontrolle über die Organisation und Befugnis zur Vertretung eines Unternehmens, kann sie als juristische Person erachtet werden. Sie kann für alle Geldwäschedelikte haftbar gemacht werden, die zugunsten des Unternehmens von einer Person begangen werden, die in, für oder in ihrem Namen agiert.
Letztlich bedeutet dies, dass die Unternehmensleitung für die Handlungen anderer Mitarbeiter haftbar gemacht werden kann. 6AMLD legt dabei eindeutig fest, dass ein gegen das Unternehmen eingeleitetes Strafverfahren nicht bedeutet, dass keine strafrechtlichen Maßnahmen gegen Einzelpersonen ergriffen werden.
In diesem Kontext müssen Unternehmen ihre Führungskräfte zu ihren Aufgaben und Verantwortlichkeiten in punkto AML/CFT schulen. Außerdem ist es wichtig, AML/CFT-Systeme und -Kontrollen regelmäßig auf ihre Effektivität zu prüfen. Weiter müssen Risikoevaluierungen fortlaufend validiert und ihr Kontrollumfeld im Hinblick auf seine Aktualität, Relevanz und Präzision optimiert werden.
Sanktionen
Die 6AMLD verfolgt konkret das Ziel, „Geldwäsche (…) mit wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden strafrechtlichen Sanktionen zu ahnden“. Dabei wurde die Mindestfreiheitsstrafe für Personen, die sich der Geldwäsche schuldig gemacht haben, von einem auf vier Jahre verlängert. Außerdem werden in der 6AMLD zusätzliche Maßnahmen aufgeführt, die gegen Geldwäscher ergriffen werden können, so etwa Geldstrafen, der Ausschluss vom Zugang zu öffentlicher Finanzierung, das Verbot der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit sowie das Verbot einer Kandidatur für gewählte oder öffentliche Ämter. Für Unternehmen enthält die 6AMLD eine Reihe von zusätzlichen Strafen. Dazu gehören die Verweigerung des Zugangs zu öffentlichen Beihilfen, der Ausschluss von der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen, das Verbot der öffentlichen Finanzierung, der Ausschluss von der Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen, die vorübergehende oder dauerhafte Schließung oder die Anordnung der Auflösung.
Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Unternehmen alle Verträge, Richtlinien und Schulungsmaterialien aktualisieren, in denen die Aufgaben und Pflichten der Mitarbeiter in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung erwähnt werden. Hierbei muss auf die Strafen verwiesen werden, die nach Umsetzung der 6AMLD in die lokale Gesetzgebung aufgenommen wurden. Diese Informationen sollten auch Bestandteil von Seminaren auf Geschäftsleitungsebene sein, um diese für die rechtlichen, operativen und Reputationsrisiken zu sensibilisieren und zu gewährleisten, dass ihre AML/CFT-Teams über adäquate Ressourcen verfügen.
Zusammenarbeit
Auch für den Informationsaustausch wurden im Rahmen der 6AMLD zusätzliche Regelungen getroffen, um die internationale Zusammenarbeit bei Strafverfahren zu unterstützen. Dies beinhaltet unter anderem Leitlinien für Behörden zur Verfolgung von Geldwäschedelikten, die sich in einem anderem Land ereignet haben als dem, in dem die zugehörigen rechtlichen Schritte eingeleitet wurden. Dabei wird auf die Wichtigkeit supranationaler Zusammenarbeit hingewiesen unter Berücksichtigung, wo die Straftat begangen wurde, woher das Opfer stammt und welche Staatsangehörigkeit der Täter hat, wo er seinen Wohnsitz hat oder wo er festgenommen wurde. Darüber hinaus wurde der Grundsatz der Extraterritorialität eingeführt, der es den Ländern ermöglicht, Geldwäschedelikte auch dann zu ahnden, wenn sie außerhalb ihrer Gerichtsbarkeit stattgefunden haben. Sie kommt zur Anwendung, wenn der Straftäter ein Staatsangehöriger des Landes ist, in dem er seinen Wohnsitz hat, die Straftat vollständig oder in Teilen im Land der Strafverfolgung begangen wurde oder jemandem dort zugutekam. Außerdem wurden gemeinsame Regeln für die Einziehung von Vermögenswerten eingeführt, auch für Fälle, in denen es noch zu keiner Verurteilung gekommen ist.
Wichtig für Unternehmen zu wissen ist hier, dass sie womöglich auch auf Anforderungen von Kunden- oder Kontoinformationen oder zum Einfrieren von Konten aus anderen Rechtsgebieten einzugehen haben. Sie müssen über dokumentierte Verfahren zur Kontaktaufnahme und Interaktion mit den örtlichen Strafverfolgungsbehörden und zur Vorlage der angeforderten Informationen verfügen. Auch die Beratung durch einen Rechtsbeistand ist hier höchst relevant, ebenso wie die Kenntnis rund um Fristen bei der Beantwortung von Anfragen durch Strafverfolgungsbehörden.
Detaillierte Informationen rund um Anwendungsbereich und Auswirkungen der 6AMLD lesen Sie in unserem zugehörigen Bericht.
Ursprünglich veröffentlicht 23 März 2022, aktualisiert am 07 Februar 2023
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