Das organisierte Verbrechen ist eine Pyramide. Dies gilt praktisch für alle Straftaten, bei denen in großem Umfang Geld gewaschen wird, und so auch für den illegalen Wildtierhandel.
Diese Pyramide ist keine Metapher: Der Boss an der Spitze (der primär davon profitiert) ist abhängig von den kriminellen Aktivitäten eines Netzwerks aus Handlangern, die die Tiere wildern, an Zwischenhändler weitergeben und an Kunden verkaufen. Bereits einen dieser Faktoren auszuschalten, reicht aus, um dem organisierten Verbrechen einen gewaltigen Schlag zu versetzen.
Die neue Haltung der FATF zum illegalen Wildtierhandel
Die FATF hat den illegalen Wildtierhandel zu einem zentralen Thema erklärt, seit China vom 1. Juli 2019 bis 30. Juni 2020 den Vorsitz übernommen hat. Auch wenn bisher nur ein Treffen stattgefunden hat, befasst sich die FATF derzeit mit der Analyse der Lieferketten, Zahlungsmethoden und dem illegalen Wildtierhandel insgesamt, um einen Leitansatz für dieses Verbrechen zu entwickeln.
„Die zentrale Frage für uns lautet: ‚Wer profitiert?‘“ – Major Alice Bromage, Botschafterin der Black Mambas APU, einer Organisation gegen Wilderei
Illegaler Wildtierhandel ist unter anderem deswegen so effektiv und schwer zu fassen, weil ein ganzes Netzwerk daran beteiligt ist. Aus dem gleichen Grund lässt sich der Modus Operandi aber auch leicht stören, indem ein Glied der Kette ausgeschaltet wird. Leider kommt es beim illegalen Wildtierhandel nicht selten zu Missbrauch. Das unten stehende Video illustriert den Kampf der Anti-Wilderei-Wohltätigkeitsorganisation Black Mambas gegen das Wildern von Nashörnern.
Es geht darum, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren
Das Problem des illegalen Wildtierhandels liegt uns bei ComplyAdvantage sehr am Herzen. Wir haben das Schuppentier, das meistgehandelte Tier der Welt, zu unserem inoffiziellen Firmenmaskottchen gemacht. Es erschien uns passend, zum einen, weil Schuppentiere einfach reizend sind, zum anderen, weil der illegale Wildtierhandel mit anderen Sparten der schweren organisierten Kriminalität verknüpft ist. Das ist ein weiterer Datenpunkt bei der Feststellung, ob jemand sein Vermögen auf rechtmäßige Weise erwirtschaftet hat oder ob er zu denen zählt, die das Finanzsystem zu ihrem Vorteil missbrauchen. In der Regel sind Personen, die in den illegalen Wildtierhandel verwickelt sind, auch an anderen organisierten Straftaten beteiligt und nutzen den Wildtierhandel als Statussymbol. Der illegale Wildtierhandel ist ein Verbrechen, das wir neben dem Drogenschmuggel, Menschenhandel und dem illegalen Waffenhandel unterbinden möchten.
Nicht immer bekommt der illegale Wildtierhandel die gleiche Aufmerksamkeit wie andere Sparten des schweren organisierten Verbrechens, obwohl er nach dem Drogenhandel die weltweit viertgrößte Art der organisierten Kriminalität darstellt. Der Wert des illegalen Wildtierhandels wird von der UNO auf über 23 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Auch wenn Statistiken ein guter Maßstab für den Umfang des kriminellen Gewerbes sind, besteht letztendlich dasselbe Problem wie bei allen anderen Arten von Verbrechen, die der Geldwäsche vorausgehen: Man muss die Täter auf frischer Tat ertappen.
Finanziell unbedeutend?
Eine gängige Maßnahme der Behörden besteht darin, mutmaßlich illegal erworbene Vermögen einzufrieren und unzugänglich zu machen. Das führt dann oft dazu, dass illegal erworbene Wertgegenstände veräußert werden, wie das Beispiel des Vizepräsidenten von Äquatorialguinea, Teodoro Nguema Obiang Mangue, und seiner Flotte von Supersportwagen zeigt. Beim illegalen Wildtierhandel ist diese Vorgehensweise allerdings selten.
Das lässt sich vermutlich darauf zurückführen, dass in der überwiegenden Mehrheit von Ländern im Wesentlichen keine Finanzprüfungen stattfinden. Untersuchungen des UNODC zufolge werden Finanzaufklärungsinstitute in 79 % der Gerichtsbarkeiten nicht an behördenübergreifenden Maßnahmen gegen den illegalen Wildtierhandel beteiligt, und 71 % der Gerichtsbarkeiten sind der Auffassung, dass der Wildtierhandel für das Problem der Geldwäsche in ihrer Region keine große Rolle spielt.
Die jährlich durch den illegalen Wildtierhandel erwirtschafteten Beträge sowie die von der FATF geplanten Maßnahmen legen nahe, dass sich diese Gerichtsbarkeiten irren. Und dass in naher Zukunft neue Compliance-Standards verabschiedet werden müssen. Der illegale Wildtierhandel könnte für ein globales Finanzsystem, das bereits Schwierigkeiten hat, mit diversen neuen Regeln für digitale Geschäfte Schritt zu halten, leicht eine neue Welle von Compliance-Änderungen einläuten.
Obwohl der illegale Wildtierhandel in 80 Ländern unter Strafe steht, mangelt es an einer kohärenten internationalen Vorgehensweise. Dies wird sich hoffentlich im Zuge der FATF-Pläne sowie neuer Forderungen britischer Gesetzgeber nach einer Überwachung durch die Vereinten Nationen ändern.
Unsichtbare Auswirkungen
Ein möglicher Grund für die mangelnden Maßnahmen gegen den illegalen Wildtierhandel in AML-Kreisen ist wahrscheinlich, dass die lokalen Auswirkungen nicht wirklich sichtbar sind. Bei einem florierenden Drogenhandel nimmt evtl. der lokale Drogenkonsum zu. Wenn auf einem lokalen Markt jedoch plötzlich Rhinozeroshörner auftauchen, hat dies für den Ort selbst kaum bis gar keine Konsequenzen.
Dies gilt jedoch nur für Wirtschaftsräume, in denen die illegal gehandelten Tiere nicht heimisch sind. Ganz anders ist es für diejenigen, die dort leben und arbeiten, wo der illegale Handel mit Wildtieren seinen Ursprung hat, denn Wilderer sind gewaltbereit und schrecken auch vor Mord oft nicht zurück. Häufig töten sie nicht nur Wildtiere, sondern auch Wildhüter.
Leider stammen Wilderer oft aus ärmsten Verhältnissen und wenden sich dem Verbrechen zu, um ihre Familien zu ernähren. Im Zentrum des illegalen Wildtierhandels steht definitiv das Verhältnis zwischen wirtschaftlichem Gewicht und Gesellschaftsschicht, auf das wir später noch eingehen werden. Für den Augenblick ist jedoch nur anzumerken, dass das größte Risiko dieser Verbrechen von denen getragen wird, die am wenigsten damit verdienen und keine Chance haben, aufzusteigen.
Bei der illegalen Beschaffung von Wildtieren und deren Produkten ist viel Gewalt im Spiel, doch sobald die Waren die Vermittler erreichen, die sie dann weiterverkaufen, verringert sich das Risiko. Dann werden sie einfach zu heimlichen Luxusgütern, die für unterschiedliche Zwecke auf dem Schwarzmarkt gehandelt werden – von Fleisch über seltenes Leder bis hin zu angeblich potenzfördernden Medikamenten.
Obwohl diese Güter keine messbaren Auswirkungen auf den lokalen Markt haben, wird den Gesetzgebern zunehmend bewusst, dass globale Probleme eine globale Herangehensweise erfordern. Zahlreichen Wissenschaftlern zufolge durchläuft die Welt gerade ein sechstes Massensterben, und der illegale Wildtierhandel ist maßgeblich darin beteiligt. Da sich Umwelt und Klima zu politisch aufgeladenen Themen entwickelt haben, erkennen die Gesetzgeber an, dass die Bekämpfung des illegalen Wildtierhandels im öffentlichen Interesse steht.
Globale Schwierigkeiten
Ein Grund dafür, dass der illegale Wildtierhandel so schwer zu bekämpfen ist, ist das Fehlen kohärenter globaler Gegenmaßnahmen und Standards. Es kann vorkommen, dass Verbrechen im Zuge des illegalen Wildtierhandels die für die Geldwäschebekämpfung erforderliche Prüfung auf beiderseitige Strafbarkeit nicht bestehen.
Hier eine Erklärung, falls Sie mit dem Konzept nicht vertraut sind: Damit ein Verbrechen als Beitrag zur Geldwäsche angesehen werden kann, muss die Straftat sowohl im Ursprungsland als auch in dem Land, in das das Geld eingeschleust wurde, gesetzeswidrig sein.
Ein gängiges Beispiel für beiderseitige Strafbarkeit ist der Stierkampf. Wenn ein spanischer Stierkämpfer nach London reist und dort von seinem Lohn etwas kauft, gilt er gemäß dem Delikt der Tierquälerei als Geldwäscher. In seinem Heimatland ist die Art und Weise, wie er das Geld verdient hat, aber legal, und es wäre unangemessen, ihn aufgrund der Nutzung rechtmäßig erworbenen Geldes ins Gefängnis zu stecken.
Momentan scheint die effektivste Maßnahme zur Verbrechensbekämpfung darin zu bestehen, sich auf die Wilderer zu konzentrieren, die auf der wirtschaftlich verwundbarsten und ausweglosesten Ebene der Verbrechenspyramide des illegalen Wildtierhandels stehen. Das liegt allerdings an der politischen Untätigkeit und dem Fokus auf andere Sparten des organisierten Verbrechens – irgendwie ironisch, wenn man bedenkt, dass diese Verbrechen häufig mit Drogen und anderen schweren organisierten Verbrechen verknüpft sind.
Bleibt zu hoffen, dass sich dies in naher Zukunft ändern wird, sobald die FATF Standards für die Interaktion zwischen dem illegalen Wildtierhandel und dem globalen Finanzsystem festlegen kann. Angesichts der fehlenden Harmonisierung von Rechtsvorschriften wird es interessant sein, die Empfehlungen der FATF zu sehen.
Ursprünglich veröffentlicht 01 Mai 2020, aktualisiert am 24 August 2022
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