Bei der Bekämpfung der Finanzkriminalität ist eine genaue Kenntnis seiner Kunden wichtig. Aktuelle AML/CFT-Vorschriften bieten dafür jedoch nur einen Ausgangspunkt. Da die Aufsichtsbehörden den Schwerpunkt auf einen risikobasierten Ansatz legen, befindet sich vieles im Ermessen des einzelnen Finanzinstituts. Für sie gilt es daher, kontinuierlich neue Möglichkeiten zu prüfen, um die Identität ihrer potenziellen und aktuellen Kunden sicher zu validieren – und damit auch das Risiko, mit ihnen Geschäfte zu machen, adäquat einzuschätzen.
Immer mehr Branchen müssen Schritte zur Bekämpfung von Finanzkriminalität in Erwägung ziehen. Es handelt sich somit immer weniger um ein Problem, das nur Banken betrifft. Wertpapiere, Immobilien, hochwertige Rohstoffe und andere Sektoren sind allesamt Geldwäscherisiken ausgesetzt. Zu ihrer Unterstützung veröffentlichen die Aufsichtsbehörden dieser Branchen wichtige Daten, die nicht ignoriert werden sollten.
Am Beispiel Russlands, einem Land, in dem die Korruption viele Ebenen der Gesellschaft durchdringt, untersuchen wir im Folgenden, wie diese Daten dazu beitragen können, Risiken für das Finanzsystem zu erkennen, die andernfalls unentdeckt bleiben könnten.
Russlands raffiniertes Wertpapiersystem
Wertpapiere gelten seit langem als besonders anfällig für Manipulation. Kauf- und Verkaufsaufträge können schnell, in großen Mengen und ohne Rücksicht auf nationale Grenzen ausgeführt werden. Dies bestätigt auch die FATF in einem Bericht aus dem Jahr 2009 und erläutert: „Der Wertpapiersektor ist vielleicht insofern einzigartig, als dass er sowohl dazu genutzt werden kann, anderswo erworbene illegale Gelder zu waschen, als auch innerhalb der Branche selbst durch betrügerische Aktivitäten illegale Gelder zu generieren.“
Wenn dann noch Korruption und eine laxe Einhaltung von AML/CFT-Kontrollen hinzukommen, werden Wertpapiere zu einem äußerst effektiven Instrument für den illegalen Geldtransfer.
Das russische „Mirror-Trading“-System, über das zwischen 2011 und 2015 10 Milliarden Dollar aus Russland verschoben wurden, ist ein hervorragendes Beispiel hierfür. Ein Unternehmen in Moskau kaufte russische Blue-Chip-Aktien in der Landeswährung, um sie dann von einem mit ihm verbundenen Unternehmen an einem anderen Ort zum gleichen Wert gegen Dollar zu verkaufen. Diese Geschäfte wurden von der Deutschen Bank ermöglicht – insbesondere von den Broker-Dealern und Mitarbeitern der Moskauer Niederlassung der Bank – und boten russischen Staatsangehörigen die Möglichkeit, Währungskontrollen und Steuern zu umgehen und möglicherweise Geld aus illegalen Aktivitäten zu waschen.
Die angeschlagene Deutsche Bank, die bereits wegen ihrer Verwicklung in Skandale wie den russischen Waschsalon unter Beschuss geraten war, wurde mit einer Geldstrafe in Höhe von 425 Millionen Dollar belegt und erlitt im Zuge des Skandals einen erheblichen Imageschaden.
Wertpapiere im Blick
Während die russischen Aufsichtsbehörden nach manchen Maßstäben lediglich symbolische Strafen für die in den Skandal um das „Mirror-Trading“ verwickelten Personen verhängten, sticht bei der Zahl der lizenzierten Wertpapiermarktteilnehmer nach Bekanntwerden ein Muster heraus: 2017 gab es 614 lizenzierte Teilnehmer am Wertpapiermarkt, fast 50 % weniger als die 1149 Lizenzinhaber im Jahr 2013. Die Korruption innerhalb dieses Sektors bleibt also nicht unbemerkt.
Da die Zentralbank der Russischen Föderation der Hauptakteur ist, der sich mit Fragen des Wertpapiersektors befasst, dienen Listen wie die beiden nachfolgend genannten dazu, Personen zu kennzeichnen, die mit annullierten oder ausgesetzten Lizenzen arbeiten:
- Aktien- und Anleihenmarkt der Zentralbank der Russischen Föderation: Annullierte Lizenzen professioneller Wertpapiermarktteilnehmer
- Aktien- und Anleihenmarkt der Zentralbank der Russischen Föderation: Ausgesetzte Lizenzen professioneller Wertpapiermarktteilnehmer
Darüber hinaus bieten die folgenden Listen derselben Einrichtung noch mehr Kontext und zeigen weitere Personen mit hohem Risiko auf, die im Wertpapiersektor tätig sind:
- Aktien- und Anleihenmarkt der Zentralbank der Russischen Föderation: Annullierte Zulassungen von Finanzmarktexperten
- Verwaltungsverfahren der Zentralbank der Russischen Föderation
- Widerrufene Insider-Zulassungen der Zentralbank der Russischen Föderation
Sanktionierte Nicht-Finanzunternehmen und -berufe (DNFBPs)
Im Wertpapiersektor kann unrechtmäßiges Vermögen teils besonders einfach verschleiert werden. Dabei werden nicht selten Profis aus der Branche aus verschiedensten Berufsgruppen als Komplizen angeheuert. Um beim Beispiel Russlands zu bleiben: Es lohnt sich, bestimmte Unternehmen und Berufe außerhalb des Finanzsektors im Hinblick auf ihre Anfälligkeit für Geldwäsche zu prüfen, speziell in diesen Zusammenhängen:
Steuerhinterziehung
In Russlands Nationaler Risikobewertung für Geldwäsche (NRA ML) für 2017–2018 standen Steuerdelikte ganz oben auf der Liste der größten Problembereiche – insbesondere Mehrwertsteuerbetrug und Steuerhinterziehung. Erwähnenswert ist, dass das Land in den letzten Jahren erhebliche Schritte zur Eindämmung beider Delikte unternommen hat. Mit Steuerbeamten als Komplizen lassen sich diese Maßnahmen jedoch immer noch umgehen.
Listen wie die Russian Federation Federal Tax Service Legal entities whose executive bodies include disqualified persons (Liste des föderalen Steuerdienstes der Russischen Föderation mit juristischen Personen, zu deren Leitungsorganen disqualifizierte Personen gehören) können dabei helfen, Steuersubjekte zu erkennen, die ein überdurchschnittliches Risiko darstellen.
Edelsteine und Metalle
Die Exportwirtschaft Russlands hängt stark von seiner Bergbauindustrie ab, wo neben Öl und Gas auch Edelsteine und Metalle gefördert werden. Es überrascht daher nicht, dass die hohe Auslandsnachfrage den Schmuggel und die illegale Gewinnung dieser Ressourcen für Kriminelle attraktiv macht und eine wichtige Vortat für Geldwäsche darstellt.
Wie Russlands Nationaler Risikobewertung für Geldwäsche zeigt, werden die Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche bisher nicht ausreichend umgesetzt, und es mangelt an Sorgfalt bei der Meldung verdächtiger Transaktionen: Kurioserweise blieb beispielsweise die Zahl der für Edelsteine und Metalle eingereichten Meldungen zwischen 2014 und 2018 mit einer Spanne von 3.500 bis 4.700 in etwa konstant.
Für die Überwachung der Einhaltung der Handelsvorschriften in diesem Sektor ist das jeweilige Prüfungsamt zuständig. Daher können Listen, in denen Unternehmen aufgeführt sind, die gegen AML-Vorschriften verstoßen haben, dabei helfen, Unternehmen mit hohem Risiko zu erkennen. Zu erwähnen ist hier etwa die Liste Russian Federation State Assay Office Results of AML Supervision (Ergebnisse der AML-Überwachung durch das Staatliche Prüfungsamt der Russischen Föderation).
Glücksspiel
Obwohl das Glücksspiel von der Nationalen Regulierungsbehörde für Geldwäsche im Vergleich zu anderen Branchen als risikoarm eingestuft wird, lohnt es sich, diesen Sektor im Auge zu behalten. Da Casinos offiziell nur in vier Sonderzonen erlaubt und Online-Glücksspiele verboten sind, sind illegale Glücksspiele und Lotterien aus dem Boden geschossen, um die Nachfrage zu decken.
Einer Schätzung zufolge gaben die Russen im Jahr 2017 rund 11,8 Milliarden Dollar für Sportwetten aus – 65 % davon gingen an unregulierte Anbieter. Darüber hinaus hat der Föderale Steuerdienst (FTS), der diese Branche überwacht, zwischen 2016 und 2018 innerhalb von nur zwei Jahren etwa 95.000 illegale Online-Glücksspielanbieter aufgedeckt.
In Anbetracht der starken Ausbreitung dieser Branche wäre eine Überwachung der Anbieter illegaler Glücksspiele oder illegaler Lotterien für Finanzinstitute bei der Ermittlung ihres Risikos von Vorteil. Deswegen können Listen wie Entities Offering Illegal Gambling (Anbieter illegaler Glücksspiele) und Entities Offering Illegal Lotteries (Anbieter illegaler Lotterien) des Föderalen Steuerdienstes der Russischen Föderation dabei helfen, besonders risikobehaftete Unternehmen zu erkennen.
Flexibilität und Vielfältigkeit sind von entscheidender Bedeutung
Die globale AML-Landschaft ist nach wie vor komplex und birgt zahlreiche Herausforderungen, die einen flexiblen Ansatz bei der Erfassung und Kategorisierung relevanter Listen zur Überprüfung erfordern. Russland ist nur ein Beispiel dafür, wie dieser flexible Ansatz genutzt werden kann, um zusätzlichen Kontext zu generieren. Damit Finanzinstitute stets von den aktuellsten Informationen zur Risikominderung profitieren, benötigen sie Partner, die nicht nur die üblichen Sanktions- und Beobachtungslisten überprüfen, sondern auch andere relevante Daten aus einer Vielzahl von Hochrisikosektoren.
Dies ist eine wichtige Säule der Mission von ComplyAdvantage. Wir verfolgen kontinuierlich die Entwicklungen im regulatorischen Bereich und erweitern unsere Datenbanken und Technologien, um Informationen zu AML/CFT-Risiken aus einer Vielzahl von Sektoren, vom Finanzsektor über DNFBPs bis hin zu Nichtregierungs- und Wohltätigkeitsorganisationen.
Ursprünglich veröffentlicht am Donnerstag, den 22. Oktober 2020, aktualisiert am Donnerstag, den 5. Mai 2022.
Ursprünglich veröffentlicht 09 Juni 2022, aktualisiert am 13 Januar 2023
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